Wie feiert man Weihnachten in Karlovy Vary?

Traumhaft liegt das weihnachtlich geschmückte Kurviertel der Baden-Badener Partnerstadt Karlovy Vary im Tal des Flusses Tepla. Foto: Petr Lnenicka/Infozentrum Karlovy Vary

Auch in der Baden-Badener Partnerstadt Karloy Vary wird das Weihnachtsfest besonders gefeiert. Doch wie sind die Gebräuche im Nordwesten Tschechiens? Und wie begeht man das Neue Jahr? Monika Probst vom Städtepartnerschaftsverein und Jitka Hradilkova haben Antworten auf die Fragen.

Der Karpfen landet auf dem Tisch oder in der Freiheit

Karpfen essen viele Tschechen nur einmal im Jahr – an Weihnachten. Wenige Tage vor dem Fest sind überall riesige Bottiche in den Straßen zu sehen, in denen Fische aus den berühmten Karpfenteichen im Süden Böhmens schwimmen. Der Karpfen muss aber nicht zwangsläufig auf dem Teller enden. Man kann ihm am Heiligabend auch die Freiheit schenken. In vielen Familien mit Kindern eine Tradition, die heute freilich von Tierschützern kritisiert wird.

Fischschuppen, die an Heiligabend auf dem festlich gedeckten Tisch unter den Teller gelegt werden, bringen Glück und Geld für das ganze kommende Jahr. Andere legen eine Karpfenschuppe in den Geldbeutel, das soll dafür sorgen, dass das Münzgeld nie ausgeht.

Einen Blick in die Zukunft werfen

Das Wahrsagen und Vorhersehen des Schicksals hat die Menschen immer angezogen und nach einem reichhaltigen Abendessen ist die rechte Zeit, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Zum Beispiel beim Bleigießen: Man gießt flüssiges Blei ins Wasser und aus der dabei gebildeten verfestigten Form werden die Ereignisse des nächsten Jahres prophezeit.

Noch älter aber ist das typisch tschechische Apfelorakel. Der alte Brauch funktioniert so: Ein Apfel wird halbiert, um am Kerngehäuse das Schicksal abzulesen. Dabei kommt es auf die Anordnung der Apfelkerne an. Bilden die Kerne ein Kreuz, droht Unheil, wie Krankheit oder gar Tod. Sind die Apfelkerne in Sternform ausgerichtet, verheißen sie Glück und Vermögen.

Da das Leben aber nicht nur aus Glück besteht, gibt es für das Materielle eine eigene Gepflogenheit. Ein Mitternachtsessen mit Linsen soll nach tschechischer Tradition finanziellen Erfolg versprechen, denn Linsen stehen nicht nur in Tschechien symbolisch für Geld. Und Linsen isst man auch zum Mittagessen am 1. Januar. Und ganz wichtig: Zu diesem Mittagessen darf kein Geflügel auf den Tisch kommen, denn sonst fliegt das Glück weg.

Silvesterparty in der tschechischen Hauptstadt Prag

In der tschechischen Hauptstadt Prag ist Silvester ein großer Begriff. Prag ist eine der beliebtesten Feierdestinationen Europas für das Verbringen des Neujahrsfestes. Das Zelebrieren der Silvesterparty auf der Karlsbrücke oder am Altstädter Ring ist sehr populär, die Leute genießen vor historischen Kulissen die Lichter der Raketen über der Stadt – dieses Jahr vielleicht nicht. Zentraler Platz für Pragbesucher ist der Wenzelsplatz, auf dem die ganze Nacht gefeiert wird. Zu Silvester sind die Hotels in Prag recht schnell ausgebucht.

Staatsfeiertag 1. Januar: Der 1. Januar hat für die Tschechen neben dem Start ins neue Jahr eine weitere Bedeutung erlangt. Es ist auch der Tag, der an die Gründung des heutigen tschechischen Staates erinnert. Am 1. Januar 1993 entstand nach der Trennung der Tschechoslowakei die Tschechische Republik. Dieser Tag ist einer der vier offiziellen Staatsfeiertage, die an die tschechische Staatlichkeit erinnern.

Der Advent ist ursprünglich eine Zeit strengen Fastens

Die Weihnachtsstimmung kommt auch in Tschechien mit Beginn der Adventszeit auf, die, wie überall, mit dem ersten der vier Sonntage vor Heilig Abend beginnt. Der Advent, aus dem Lateinischen „adventus“, heißt wörtlich „die Ankunft“. Es ist eigentlich eine strenge Fastenzeit und schließt das Verbot eines abgehobenen, fröhlichen Lebens mit Tanz und Gesang ein. Wie diese Bezeichnung besagt, handelt es sich um einen Zeitraum rein kirchlichen Ursprungs.

Diese Zeit ist aber auch von der Pflege von Volksbräuchen gekennzeichnet. Es vereinten sich alte heidnische Bräuche und Riten mit dem kirchlichen Verbot sich zu vergnügen. Fleisch durfte nicht gegessen werden. Erlaubt waren nur mit Fisch zubereitete Mahlzeiten. Die Adventfastenzeit endet mit dem Aufgang des ersten Sterns am Heiligen Abend. Der Brauch, nacheinander vier Kerzen auf dem Adventskranz anzuzünden, ist heutzutage weit verbreitet. Das Kerzenlicht symbolisiert die Ankunft Christi. Die Kinder bekommen einen Schokoladen-Adventskalender, der ihnen das Warten auf den Heiligen Abend erleichtert.

Böhmische Musik und Weihnachtsplätzchen gleichermaßen beliebt

Böhmische Musik gehört zum weltweiten Kulturschatz. Es gibt kein besseres Geschenk für deren Liebhaber als spezielle Konzerte mit Advents- und Weihnachtsmusik, die sowohl in Konzertsälen als auch auf Märkten, in feierlich geschmückten Kirchen, auf Burgen oder in Schlössern stattfinden. Zum Repertoire gehört oft die Böhmische Weihnachtsmesse „Hej mistře, vstaň bystře“ (Hey Meister, steh schnell auf), die Jakub Jan Ryba Ende des 18. Jahrhunderts komponierte.

Weihnachtsplätzchen: Böhmische Plätzchen sind ein weiteres Phänomen der Böhmischen Weihnacht. Obwohl die beliebtesten Sorten ohne weiteres auch gekauft werden können, geben die Frauen in Tschechien hausgemachten Produkten eindeutig den Vorzug – allein schon wegen der Freude bei der Zubereitung, bei der gerne auch die Kinder mithelfen.

Weihnachtsplätzchen werden mit ausreichendem Vorlauf gebacken, damit das Gebäck richtig weich wird und verführerisch duftet. Zu den Dauerbrennern unter dem süßen Weihnachtsgebäck gehören Vanillekipferl, ein kunstvoll geflochtener Mandelstollen, Plätzchen aus Mürbeteig, Schneeküsschen aus geschlagenem Eiweiß und verzierte Honiglebkuchen. Die Rezepte für all diese Leckereien sind über Generationen erprobt und verbessert worden. Und Weihnachtsplätzchen sollten daher bei einem Besuch der Tschechischen Republik unbedingt probiert werden.

Vorbereitungen auf Heiligabend

Die Vorbereitungen für das Weihnachtsfest beginnen in der Regel einige Wochen im Voraus. Großreinemachen, Plätzchenbacken, Geschenke kaufen. All dies sollte bis Heiligabend erledigt sein, damit die ganze Familie dann in Ruhe zu Abend essen und sich anschließend zum geschmückten Christbaum begeben kann. Dem Menü an Heiligabend wird große Aufmerksamkeit gewidmet, bei den Vorbereitungen folgt man dabei Familienbräuchen. Auf der feierlich gedeckten Tafel wird meist zunächst eine Fischsuppe, manchmal auch Kartoffelsuppe serviert und im Anschluss daran die Hauptspeise: panierter Karpfen mit Kartoffelsalat.

Familienbesuche, Festessen, Kirchgang und Weihnachtsmärchen

Auch der 25. und 26. Dezember sind sehr bedeutsame Feiertage, die ganz im Zeichen der Familienbesuche, festlicher Tafeln zu Mittag und Abend stehen. Meistens wird eine typisch tschechische Speise serviert, Entenbraten mit Kraut und Knödeln, alternativ kann das aber auch ein Gänsebraten oder Truthahn sein. Zu traditionellen Bräuchen gehört es, an den Weihnachtsfeiertagen in eine der Kirchen zu gehen, in denen schon seit dem Heiligen Abend die Krippe ausgestellt ist.

In Tschechien ist die Weihnachtsbescherung am 24. Dezember nach dem festlichen Abendessen. Und danach schaut ganze Familie die Weihnachtsmärchen im Fernsehen an. An Heiligabend wird immer ein neues tschechisches Weihnachtsmärchen verfilmt. Manche Familien aber spielen mit den Kindern neue Spiele, die die Kinder unter dem Weihnachtsbaum bekamen. Musikalische Familien spielen nach Abendessen und Bescherung Instrumente und singen alte böhmische Weihnachtslieder.